22. Februar 2018 - Aktuelles aus Kroatien
Das Jahr 2017 war in großem Maße von der Krise des größten kroatischen Unternehmens, Agrokor, gekennzeichnet. Die Krise begann im Frühling, nachdem die Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit des Unternehmens gesenkt hatten, eine Folge des Aktienverfalls der Firma. Die kroatische Regierung hat wegen der immensen Bedeutung des Unternehmens für die wirtschaftliche, soziale und finanzielle Stabilität des Landes mit dem sogenannten Lex Agrokor reagiert. Mit diesem Gesetz, welches im April 2017 vom kroatischen Parlament verabschiedet wurde, sollte das Verfahren der außerordentlichen Verwaltung in den Handelsgesellschaften mit systemrelevanter Bedeutung neu geregelt werden. Im Laufe des Jahres hat sich die Lage im Unternehmen stabilisiert. Bis April 2018 sollte ein Ausgleich mit den Gläubigern erreicht werden, wodurch der Konkurs des Unternehmens vermieden werden sollte. Jedoch ist die endgültige Lösung der Krise noch nicht definitiv erreicht worden, da der Konkursleiter gestern seinen Rücktritt erklärt hat, was die Lage zusätzlich verkompliziert hat.
Die Agrokor-Krise hat die positiven wirtschaftlichen Ergebnisse der Regierung Plenković in den Hintergrund gerückt. Das Regierungsprogramm verfolgt ein stabiles und dauerhaftes Wirtschaftswachstum, Schaffung neuer und nachhaltiger Arbeitsplätze, das Stoppen der verstärkten Auswanderung, die dringend benötigte demographische Erneuerung, sowie die Generationsgerechtigkeit in der kroatischen Gesellschaft.
Während der genannten Krise wurde nach sechs Monaten ihrer Tätigkeit die kroatische Regierung umgebaut, nachdem die neue politische Partei MOST aus der bisherigen Regierung ausgeschieden ist. Neuwahlen konnten durch die Bildung einer neuen Koalitionsregierung zwischen der größten kroatischen Partei, Kroatische Demokratische Union, und der Kroatischen Volkspartei, einer Oppositionspartei, vermieden werden. Diese neue Regierung wird auch von den nationalen Minderheiten unterstützt.
Während des letzten Jahres waren die makroökonomischen Indikatoren im Land weitgehend positiv. Die industrielle Produktion verzeichnete ein Wachstum bereits seit Februar 2015. Das Wachstum wurde unterstützt von der steigenden Binnennachfrage und dem steigenden Export. In den ersten elf Monaten des Jahres 2017 stieg die Industrieproduktion in Kroatien um 2,4 %. Als Vergleich dazu kann das Gesamtwachstum in der Europäischen Union von 3,1 % im gleichen Zeitraum herangezogen werden.
Die positive Entwicklung im Tourismus wurde fortgesetzt. Von Januar bis November 2017 zählte man 17,1 Millionen touristische Ankünfte und 85,5 Millionen Übernachtungen, was eine Steigerung von 12,7 %, bzw. 10,6 % im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2016 ist. Das sind neue Rekordzahlen, und sie haben ihre Ursache in der Steigerung der touristischen Ankünfte aus dem Ausland. In der Struktur der ausländischen Gäste dominieren Touristen aus Deutschland mit 24 % aller Gäste aus dem Ausland, gefolgt von Slowenien mit 9 % und Österreich mit ebenfalls 9 %.
Die gute touristische Saison hat sich auch positiv auf die Arbeitslosigkeit im Land ausgewirkt. Nach ihrem Ende ist jedoch ein Anstieg der Arbeitslosigkeit bemerkbar, womit Kroatien neben Griechenland und Spanien ein Land mit der höchsten Arbeitslosenquote in der EU ist. Die hohe Arbeitslosenquote wirkt sich auch auf die steigende Auswanderung, vor allem junger, gut ausgebildeter Fachkräfte aus. Eingedenk dieses besorgniserregenden Trends versucht die kroatische Regierung mit unterschiedlichen Gegenmaßnahmen dieser Entwicklung entgegen zu steuern.
Die Verwirklichung des Wirtschaftswachstums, steigende Binnennachfrage der Haushalte bei einer besseren Lage auf dem Arbeitsmarkt und Steigerung der Löhne, eine erfolgreiche touristische Saison und die Durchführung einer Steuerreform hatten zur Folge, dass der Landeshaushalt besser gefüllt war als geplant. Der kroatische Regierungschef Plenković erklärte seinerseits zum strategischen Ziel die Senkung der Staatsverschuldung um mehr als 10% bis zum Jahr 2020. Sollte sich die positive wirtschaftliche Entwicklung fortsetzen, so wäre die Einführung des Euros in naher Zukunft bei Erfüllung der notwenigen Kriterien denkbar.
Petar Uzorinac
Generalkonsul der Republik Kroatien in München